Das große Krankenhaussterben?
Warum 700 Kliniken schließen sollen – Gesundheitssystem auf dem Prüfstand
Hat Deutschland zu viele Krankenhäuser? So sieht es zumindest der Vorsitzende des G-BA, Prof. Josef Hecken. Er sagt im Interview: „Wir haben zurzeit 1.900 Krankenhäuser, 1.200 wären genug“. Das sei gut für die Wirtschaftlichkeit und die medizinische Qualität. Dabei scheint vor allem die Angst um die Kostenexplosion des Gesundheitssystems im Vordergrund zu stehen. Umfassende Strukturreformen sowie der Ausbau der Ambulantisierung sollen den weiteren Anstieg von Krankenhauskosten bremsen.
- Josephine Ruppert
- Josephine Ruppert
Keimzelle dieses Vorschlags ist unter anderem eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Krankenhausdichte. Nach Ansicht der Studie sollten sogar nur 600 größere und vermeintlich bessere Kliniken erhalten bleiben. Ärzt*innen, Pflegepersonal und Geräte sollen auf weniger Krankenhäuser verteilt werden und eine höhere Versorgungsqualität sicherstellen. Befürworter*innen argumentieren, so lasse sich bei Notfallaufkommen und planbaren Operationen die Sicherheit verbessern und auch der Mangel an Pflegefachkräften abmildern.
Zuspruch von den Krankenkassen
Natürlich erntet dieser Vorschlag massive Kritik von Ärztevertreten und Kliniken. Zuspruch gibt es stattdessen von den Krankenkassen, die ebenfalls Reformbedarf bei den Kliniken sehen, Spezialisierung sowie eine Verbesserung der Pflegebedingungen im Allgemeinen fordern. Florian Lanz, Sprecher des Spitzenverbandes der Krankenkassen, sagte der dpa: „Für die gute Versorgung der Bevölkerung ist es gerade in Ballungsgebieten sinnvoll, sich auf die wirklich notwendigen Kliniken zu konzentrieren“. Was als „wirklich notwendig“ erachtet wird, lässt jedoch Spielraum für Interpretationen.
Ob diese Forderungen tatsächlich umgesetzt werden, ist offen. Denken wir an die zahlreichen Studien und Petitionen zur Abschaffung des DRG-Systems, auch hier ist es bislang lediglich bei ein bisschen medialer Aufmerksamkeit und PR-Rummel geblieben. Was hingegen bittere Realität ist: Die finanzielle Lage der Krankenhäuser in Deutschland ist prekär. 2017 hat noch jede dritte Klinik rote Zahlen geschrieben, 2019 bereits jede zweite. Die Auswirkungen und Folgen der Corona-Pandemie haben die Situation weiter verschärft. Gleichzeitig böten sich gerade jetzt Chancen und Perspektiven für einen wirtschaftlichen Erholungsprozess und Modernisierungsinitiativen, die erhebliche positive Effekte auf die Wirtschaftsleistung und künftige Wachstumspotenziale haben könnten, stellt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina jüngst in einer Stellungnahme zu den ökonomischen Konsequenzen der Pandemie fest: „Digitalisierung und ein beschleunigter Strukturwandel sollten nicht als Bedrohung gefürchtet, sondern als Voraussetzung für eine höhere gesamtwirtschaftliche Produktivität angestrebt werden“.
Gründe für rote Zahlen
Die Gründe für die prekäre Situation liegen teils Jahrzehnte zurück und sind in unterschiedlichen Bereichen zu finden. Etwa:
- DRG: Entwicklung von einem ethisch motivierten System hin zum Profitcenter – ohne dabei Fachkräfte und Entscheidungsträger*innen zu professionalisieren.
- Selbständig agierende Abteilungen – getrieben vom Fachbereichsinteresse ohne dabei das Gesamtziel im Fokus zu haben.
- Konzentration auf medizinischen Fortschritt – gleichzeitige Vernachlässigung der Mitarbeitenden, die mit den Änderungen und dem Fortschritt mithalten müssen.
- Hierarchische Strukturen, die verhindern, dass es gemeinsame Entscheidungsfindungen gibt, die von allen mitgetragen werden können.
- Zu starke Konzentration auf Einkaufspreise, statt auf die renditeentscheidenden Prozesse.
- (Zu) starker, regionaler Einfluss der Politik auf Entscheidungstragende, der verhindert, dass Geschäftsführer*innen auch Möglichkeiten haben, Veränderungen einleiten zu können.
- Unzureichend professionelles Management in vielen Bereichen, die Wirtschaftlichkeit verhindern.
- Ausschreibungen, die schnelle und wirtschaftliche Lösungen umzusetzen verhindern.
- Zu differenzierte Standards, die zum Teil die Patientenversorgung gefährden.
- Konflikt zwischen Mehrleistungen (aus wirtschaftlichen Erwägungen) versus Patientenwohl.
Welche Kliniken überleben?
Es ist wahrscheinlich, dass vor allem die Krankenhäuser auf den Prüfstand kommen, die nicht wirtschaftlich sind und somit als nicht zukunftsfähig erachtet werden. Interne Veränderungen und Reformen sind überlebenswichtig, um nicht von außen zur Schließung gezwungen zu werden. Es wird deutlich: An Aufgaben mangelt es nicht, um Profitabilität sowie Zukunfts- und Leistungsfähigkeit langfristig sicherzustellen.
Was tun? 4 aktuelle Herausforderungen
Hier sind 4 akute Themen, die zurzeit besondere Aufmerksamkeit erfahren:
1. Überforderung des Personals
Gemäß DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2021 sind Pflegekräfte heiß begehrt. Hinter den Elektroniker*innen belegen Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegende den zweiten und dritten Platz im Ranking aller Berufe, die derzeit am häufigsten gesucht werden. Kein Wunder, dass die Personalakquise von talentierten Fachkräften in den meisten Kliniken ein kostenintensives Dauerthema ist. Doch häufig gilt: Wie gewonnen, so zerronnen. Das prinzipiell willige und motivierte Pflegepersonal wird chronisch überbelastet und kommt dabei an seine Grenzen. Generell fehlen Beschäftigte 14,6 Tage pro Jahr krankheitsbedingt im Betrieb. In der Gesundheits- und Krankenpflege stiegen die Fehltage von 21,7 auf 22,4. Beschäftigte in der Pflege sind nicht nur häufiger, sondern auch länger krank, weil diese Berufsgruppe so stark belastet ist. Es gilt daher vor allem, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, um Pflegekräfte durch den Einsatz moderner Lösungen so zu entlasten, dass überflüssige Arbeits- und Prozessschritte (beispielsweise bei der OP-Vorbereitung oder Dokumentation) eliminiert werden. Ebenso verhält es sich mit unvermeidbaren Belastungen: Durch die Implementierung geeigneter Maßnahmen, wie z. B. intraoperative Mini-Time-Outs, können Prozessabläufe so gestaltet werden, dass sie Selbstachtsamkeit fördern und Verschleiß abmildern, um die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit von Mitarbeitenden langfristig zu erhalten.
2. Aufholbedarf bei Digitalisierung und Automatisierung
Wer nicht digitalisiert, verpasst Chancen und riskiert die Zukunftsfähigkeit seines Krankenhauses. Das Bundesministerium für Gesundheit will den digitalen Reifegrad von Kliniken unter die Lupe nehmen und hat diese Aufgabe an das Konsortium DigitalRadar übertragen (Projektlaufzeit Juni 2021 bis April 2024). Bund und Länder investieren mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) bis zu 4,3 Milliarden Euro in die digitale Infrastruktur der Krankenhäuser. Jens Spahn sagt, man investiere in die digitale Zukunft, weil man gerade in der Pandemie erfahren habe, wie wichtig gut ausgerüstete und funktionierende Krankenhäuser sind. Doch der digitale Wandel will von kompetenten Fachkräften gemeistert werden. Vergessen wird gerne, dass auch bei allen Digitalisierungsprojekten der Mensch im Mittelpunkt steht. Es ist immer der Mensch, der den digitalen Wandel ermöglicht und vorantreibt. Deshalb sind Kliniken gut aufgestellt, wenn sie ihren Mitarbeiter*innen die Angst vor neuer Technik und Veränderung nehmen und sie begleiten und befähigen. Nur so kann der digitale Wandel wirklich gelingen.
3. Interne Strukturreformen und Prozessoptimierungen
Der Investitionsbedarf der deutschen Krankenhäuser ist nur zu 50 Prozent gedeckt. Insgesamt fehlen bei einem deutschlandweiten Bedarf von 6 Milliarden Euro immer noch 3 Milliarden Euro. Im Vorteil sind die Kliniken, die im Bestand, in Prozessen und in Strukturen die Prinzipien von Lean Management umgesetzt haben. Bei Lean Management geht es darum, alle Aktivitäten, die für die Wertschöpfung notwendig sind, optimal aufeinander abzustimmen und überflüssige Tätigkeiten (Verschwendungen) abzustellen. Ein praktisches Beispiel von vielen: Wer auf Lean Logistik und Just-in-Time-Lieferungen setzt, bei dem entfallen sämtliche Bestandserhaltungskosten für Lagerflächen und Verschwendungen beim Waren- und Personaleinsatz. Ursachen für rote Zahlen und fehlende Instandhaltung werden eliminiert.
4. Reform der externen Strukturen und Rahmenbedingungen
Gesundheitsminister Jens Spahn mahnt ebenfalls zur Reform der Krankenhausstrukturen an. Durch die Pandemie seien erneut strukturelle Fragen sichtbar gemacht worden. Deshalb bleibe die Reform der Krankenhausstrukturen als gesundheitspolitisches Thema auch nach der Pandemie erhalten. Doch wie erfolgsversprechende Reformen eingeleitet und umgesetzt werden können und gelingen sollen, damit werden Kliniken weitestgehend allein gelassen.
Fazit
Das ist nur eine kleine Auswahl an Themen, doch sie zeigen: Die Herausforderungen sind groß, die Probleme komplex, der Kostendruck enorm. Wichtig scheint es, sich einen Bereich herauszusuchen und mit positiven Veränderungen zu beginnen, um nicht unter die Räder zu geraten. Langsam und beharrlich, denn steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein.
Sinnvoll ist es, mit dem OP, dem Herzstück und Motor Ihres Krankenhauses zu beginnen, da dies der Ort der DRG-Erwirtschaftung ist und hier somit enorme Potenziale mit höchster Erfolgsrate für das gesamte Haus liegen. Im OP entscheidet sich, ob schwarze Zahlen geschrieben werden oder nicht.
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