Zeitarbeit verbieten?
Viel Lärm um nichts:
Nur 2,4% aller Pflegenden sind Leasingkräfte
Viel Lärm um nichts:
Nur 2,4% aller Pflegenden sind Leasingkräfte
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Wenn es um Zeitarbeit in der Pflege geht, kochen die Emotionen hoch. Vertreter diverser Interessengruppen gießen Öl ins Feuer, um Schuldige für Personalmangel, Systemflucht und Missstände in der Pflege zu benennen. Doch leider ist diese Debatte wenig zielführend, denn im Kern lenkt sie von der eigentlichen Verantwortung und den Ursachen ab, weswegen Personaldienstleister überhaupt zu einer attraktiven Alternative für medizinische Fachkräfte werden konnten.
In Kürze
- Diese beiden Artikel liefern einen exemplarischen Auszug aktueller, emotional geführter Debatten:
- Tagesspiegel: Charité will gegen Leasingfirmen vorgehen
- Süddeutsche: Wie Leiharbeit den Personalmangel in der Pflege verschärft
- Und auch wir von JR OP-TIMIERT® hatten uns bereits im Februar 2022 mit der Thematik beschäftigt: Ist Zeitarbeit schuld am Pflegemangel?
Lediglich 2,4 Prozent aller Pflegenden sind Leiharbeitskräfte
Aktuelle Statistiken zeigen auf, dass die in Kliniken „gefühlten Wirklichkeiten“ nicht den nachweislichen Fakten entsprechen. Lediglich 2,4 Prozent aller Pflegenden sind in der Arbeitnehmerüberlassung angestellt. Die ermittelten Zahlen basieren auf einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit (BA). Sie belegt, dass die Quoten der Zeitarbeitenden in Pflegeberufen konstant niedrig liegen und somit ein Randphänomen sind.
Hinweis: Knapp ein Drittel der 2,4 Prozent ist direkt in Betrieben des Gesundheits- und Sozialwesens angestellt, die über eine Arbeitnehmerüberlassungs-Erlaubnis verfügen. Somit ist der Anteil der bei Leasing-Unternehmen beschäftigten Zeitarbeitskräfte sogar deutlich niedriger. Die Zahl der bei Zeitarbeitsunternehmen angestellten pflegenden Leiharbeitskräfte betrug im vergangenen Jahr 30.715.
Quelle: Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP)
Wer lediglich aktuelle Berichte und Zeitungsartikel liest, bekommt jedoch eine dramatische Realität vermittelt. Es stimmt, dass derzeit ca. 200.000 Pflegekräfte in Deutschland fehlen. Doch die Zahlen zeigen, dass eine Einschränkung der Zeitarbeit in der Pflege diese Lücke nicht schließen könnte, selbst wenn Zeitarbeiter:innen dazu bereit wären, wieder in Festanstellungen zu wechseln.
Gewiss wäre es möglich, einen Teil der 2,4 Prozent wieder für die Festanstellung zurückzugewinnen. Doch deutlich erfolgversprechender ist es, den Beruf der Pflege wieder attraktiv zu gestalten, so dass junge Menschen sich für diesen Werdegang entscheiden. Es wäre wünschenswert, dass Pflegende bis ins hohe Alter in ihrem Traumberuf arbeiten und eine Perspektive für sich erkennen können.
Es ist lobenswert, dass von Krankenhäusern hohe Summen investiert werden, um neue Kräfte zu rekrutieren. Doch anschließend fehlt das Budget, um genau die Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit motivierte Leistungsträger bleiben.
„Man kommt wegen der Leidenschaft – und geht wegen der Bedingungen“
In der Reihe „JR-Porträt“ berichten Klinik-Mitarbeiter:innen aus den verschiedensten OP-, Anästhesie- und Intensivabteilungen über ihre Job-Motivation, Arbeitsbedingungen, den Wechsel in die Zeitarbeit und ihre Erfahrungen im Personalleasing. Dieses Mal im Interview: Benjamin Schmidt, examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger im Operationsdienst und Hybrid-OP-Techniker. INTERVIEW LESEN »
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Was können Personalverantwortliche tun?
Die Studie „Ein Leben lang in der Pflege“ (veröffentlicht von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) beschäftigte sich mit genau diesem Thema. Sie ging der Frage nach, was erforderlich ist, damit Pflegekräfte gern und lange in ihrem einst gewählten Traumberuf arbeiten wollen und können. Das Ergebnis: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen.
Das sind die wesentlichen 7 Punkte:
- Verlässliche Dienstplanungen
- Ausstattung mit sinnvollen Hilfsmitteln
- Entlastung von pflegefremden Tätigkeiten
- Möglichkeiten zur Fort- und Weiterbildung
- Zusammenarbeit im Team
- Anerkennung für die eigene Arbeit
- Fürsorge durch Arbeitgeber und Vorgesetzte
Arbeitgeber, die mit überdurchschnittlicher Personalflucht zu kämpfen haben, müssen vermehrt auf Zeitarbeit zurückgreifen, um weiterhin leistungsfähig und versorgungssicher zu bleiben. Somit können gefühlte Wirklichkeiten jenseits von statistischen Auswertungen je nach Kliniken stark variieren. Je größer die Personalflucht, desto wichtiger wird es für Kliniken, genau diese Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Pflegende ihrer Arbeit bis ins hohe Alter nachgehen und Perspektiven für sich erkennen können.
Festanstellung oder Leasing: Beide Medaillen haben zwei Seiten
Statt Neiddebatten zwischen Festangestellten und Leasingkräften zu fördern, gilt der Grundsatz, dass jeder Mensch frei über seinen Beruf und sein persönliches Wohl entscheiden darf. Unermüdlich wird zitiert, dass Zeitarbeiter:innen im Hinblick auf Verdienst und Freizeit bessergestellt sind als Festangestellte. Doch dem stehen stetige Reisebereitschaft, einsame Nächte in nüchternen Apartments, Wochenend-Beziehungen, hohe Flexibilität und andauernde Anpassungsfähigkeit in wechselnden Teams entgegen. Nicht jede Pflegekraft ist bereit, sich diesen mentalen Belastungen und Entbehrungen auszusetzen und diesen Preis zu zahlen.
Dass es in der Pflegebranche dennoch immer wieder vorkommt, dass Stammpersonal in die Leiharbeit abwandert, weil es sich dort besser aufgehoben fühlt, „ist eine im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung paradoxe Situation“ resümiert Rechtsanwältin Dr. Eva Rütz. Sie belegt, dass Zeitarbeit sich nicht verbieten, jedoch abmildern lässt. Ja, Leiharbeit in der Pflege ist für Kliniken kostspieliger als Festanstellung. „Dieses Defizit könnte durch die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen in den entleihenden Häusern ausgeglichen werden. Es ist eine wirtschaftliche Frage, was sich hier mittel- und langfristig eher rechnet.“ sagt Rütz.
Fazit: Zeitarbeit hat auch in der Pflege ihren Platz
Sie ist auf konstant niedrigem Niveau und sorgt dafür, dass Pflegekräfte, die das System abwählen, der Branche zumindest zum Teil erhalten bleiben. Bei akuten Engpässen sorgen Zeitarbeitende für die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs. Ein Verbot von Zeitarbeit wäre rechtlich unzulässig und könnte die dringende Notwendigkeit von Reformen nicht abwenden.
Kliniken kommen nicht umhin, Investitionsstau und strukturelle Probleme anzugehen, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und Pflegenden eine langfristige Perspektive bis ins hohe Alter zu bieten.
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