Pflegekraft: Ein Beruf für Schlecker-Frauen und Übermenschen?

Letzte Woche waren wir für Sie auf dem Europäischen Gesundheitskongress in München unterwegs. Heute möchten wir Impulse aus dem Vortrag von Frau Professor Dr. Giese der Katholischen Stiftungshochschule München mit Ihnen teilen.

Sie appelliert dringend, Pflege- und OP-Kräfte NICHT auf ein Gutmenschentum und Helfer-Syndrom zu reduzieren. Die Pflege müsse stattdessen wieder zu einem attraktiven Beruf für normale Menschen werden. Dazu zeigt sie insgesamt 3 grundlegende und ganzheitliche Motive* für menschliches Handeln und Streben auf:

  • Konkurrierend (einander übertreffen)
  • Sachhaft-gebrauchend (einander benutzen)
  • Fürsorgend (einander helfen)


*(basierend auf der sozialen Perichorese von Wilhelm Korff)

Auf allen drei Ebenen werden die Bedürfnisse von Pflegekräften derzeit nicht ernst genommen. Beispiele:

  1. Bedürfnis nach Status und Prestige. Undurchdachte Vorschläge, die Personallöcher schnell, einfach und bequem mit Flüchtlingen, Schleckerfrauen oder ehemaligen Prosituierten zu stopfen, sind entwürdigend. Sie schaden der gesamten Branche. Image und Status in der Pflege? Fehlanzeige! Pflegende werden als „Mädchen für alles“ wahrgenommen und auch so behandelt. Flucht ist die natürliche Konsequenz.

  2. Bedürfnis nach fairen Arbeitsbedingungen. Faire Entlohnung, Bedürfnisse nach Freizeit sowie das Recht auf Mitbestimmung bei Prozessen und Arbeitsmaterialien werden in vielen Kliniken nicht ernst genommen. 93% aller OP-Kräfte bestätigen zum Beispiel, dass die Auswahl und die Bereitstellung der Medical-Produkte einen sehr hohen/hohen Einfluss auf die Arbeitsbelastung im OP haben. Doch nur 36% der OP-Kräfte bestätigen, dass ihre Anforderungen bei der Auswahl von Arbeitsmaterialen mit berücksichtigt werden (Ergebnisse der repräsentativen JR Personalstudie: https://www.jr-optimiert.de/studie/ )

  3. Bedürfnis nach Fürsorge. An das Gewissen und die Fürsorge von Pflegekräften wird appelliert – bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus. Diese Überbewertung des Fürsorge-Prinzips kann zurecht als unethisch bezeichnet werden. Gleichzeitig führen strukturelle Mängel und Überforderung als Dauerinstanz dazu, dass ein gesundes Maß an Selbstfürsorge nicht möglich ist und Pflegekräfte zur Selbstausbeutung und zum Samariter-Dasein gezwungen werden.


Daraus leitet Frau Professor Dr. Giese drei wichtige Haltungen ab:

  1. Nehmen Sie die Pflege-Expertise wieder ernst. Erkennen Sie die Höchstleistungen auf sachlicher und menschlicher Ebene an, die in dieser Profession geleistet werden.

  2. Schulen Sie Pflege-Kräfte nicht in der Selbstausbeutung, sondern in einer kritischen Professionalität.

  3. Appellieren Sie nicht nur an das Fürsorge-Prinzip. Professionelle Pflege muss wieder ein attraktiver Beruf für normale Menschen werden – nicht nur für Helden und für Heilige.


Lassen Sie uns gemeinsam eine Denkwende einleiten und den Pflegeberuf wieder attraktiv machen. Lesen Sie in den kommenden Wochen, was wir von der Pflege in der Schweiz lernen können und wie buurtzorg die Pflege in den Niederlanden und weltweit revolutioniert und wie „Positive Leadership“ im OP funktioniert.

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