Leadership im OP: Führen in stürmischen Zeiten

Das Verständnis von Führung sowie die Erwartungshaltung der MitarbeiterInnen hinsichtlich „Geführtwerden“ hat sich grundlegend verändert. Hier sind 5 wichtige Erkenntnisse des jüngsten JR-Führungsforums, wie Sie den Herausforderungen gerecht werden und Ihnen erfolgreiches Leadership gelingt.

Von Führungskräften wird im Allgemeinen Großes erwartet: Kaum auf der neuen Position, soll es plötzlich wie am Schnürchen laufen: Sie sollen Zielvorgaben erreichen, nachhaltige Impulse im OP setzen und dafür sorgen, dass sämtliche Maßnahmen von allen wie selbstverständlich mitgetragen werden. Kein Problem – schließlich wurde die neue Leitungsfunktion ja mit Titel, Befugnissen und Personalverantwortung ausgestattet.

 

Doch wie sieht es eigentlich mit Qualifizierung aus?

Doch Moment mal… wurde da nicht etwas vergessen? Wie bereiten Sie Mitarbeiter eigentlich auf ihre Führungsrolle vor? Der traurige Alltag sieht leider oftmals so aus: In vielen Krankenhäusern wird aus rein fachlichen Überlegungen heraus jemand zur Leitung befördert und anschließend allein gelassen. Qualifikation und Weiterbildung: Fehlanzeige!

Dabei sind gerade die Neulinge unter den Führungskräften auf Weiterbildung, Orientierung und Impulse angewiesen, wie sie dem Anspruch und der Herausforderung ihrer neuen Position gerecht werden und das Handwerkszeug erfolgreicher Führung erlernen können. Sie wollen befähigt werden, wirkungsvolle Maßnahmen durchzusetzen sowie sichtbare Ergebnisse zu erzielen. 

 

Disruption nicht nur im technologischen Bereich

Dabei hat sich das Verständnis von Führung sowie die Erwartungshaltung seitens der Belegschaft hinsichtlich „Geführtwerden“ grundlegend gewandelt. 

In gewisser Weise kann man die strukturellen Veränderungen in der Arbeitswelt als disruptive Entwicklung bezeichnen: Gewohnte Mechanismen greifen nicht mehr, motivatorische Maßnahmen verfehlen ihre Wirkung oder werden falsch aufgefasst und Erfolgserlebnisse bleiben aus. 

Plötzlich erobern neue Begrifflichkeiten auch den Klinikalltag: Change Management, Agilität, Wissensmanagement, Silo-Denken, Kollaboration, Transformation, und was hat das ganze eigentlich mit Digitalisierung zu tun? 

 

Engagement durch Verantwortung 

Auch wenn sich erfolgreiche Konzepte aus modernen Industrieorganisationen nicht eins zu eins auf etablierte und gewachsene Krankenhausstrukturen übertragen lassen, so sind doch auch hier wesentliche Erkenntnisse aus dem Lean Leadership von zentraler Bedeutung: Teams funktionieren am besten, wenn ihnen Kompetenzen und Verantwortung übertragen werden, damit sie sich selbst organisieren und verwirklichen (dürfen). Hier sitzen spezialisierte ExpertInnen, die neben dem Blick fürs Detail auch Gesamtzusammenhänge betrachten und bewerten können. 

 

MitarbeiterInnen wollen heutzutage auf Augenhöhe kommunizieren, Feedback geben und an Entscheidungen beteiligt werden. Sie wünschen sich kurze Entscheidungswege statt starrer Hierarchien. Daher sind es neue Skills, die Leadership heute auszeichnen und zu einem veränderten Mindset führen. Um diesen zu verstehen und nachzuvollziehen, teilen wir die 5 folgenden Erkenntnisse vom JR-Führungsgipfel mit Ihnen: 

 

5 wichtige Erkenntnisse des neuesten JR-Führungsgipfels wollen wir mit Ihnen teilen:

  1. Machen Sie das Problem des einzelnen Mitarbeiters niemals zu Ihrem persönlichen Problem! 
    Finden Sie stattdessen Wege, um alle Beteiligten im Team zu Betroffenen zu machen. Solange Sie im stillen Kämmerlein Extrawürstchen braten und Sonderlösungen stricken, wecken sie Begehrlichkeiten. Nach dem Motto: „Wenn Lisa für 6 Wochen nach Australien darf, dann möchte ich zumindest jeden Dienstag um 16.00 Uhr zum Spanisch-Unterricht. Wenn Gisela als Alleinerziehende 10 Minuten später anfangen darf, habe auch ich als Mutter dieses Recht. Sie starten eine Kette von Problemen.“ 
  2. Beziehen Sie das Team mit ein!
    Denken Sie dabei an die Ergebnisse unserer Personalstudie: OP-Kräfte wollen mitbestimmen. Lassen Sie das Team deshalb gemeinsam eine tragfähige Lösung finden, bei der alle an Bord sind. In etwa: „Neben mir sitzt Lisa und möchte für sechs Wochen nach Australien. Wie lösen wir das als Team?“ Sofort gibt es im Teilnehmerkreis viele Bedenken, ob so ein Vorgehen wirklich funktionieren kann. Doch Bernhard Krusche, Hauptreferent des JR-Führungsforums, macht Mut, auf die Intelligenz der Gruppe zu vertrauen und Geduld mitzubringen.
  3. Prüfen Sie als Führungskraft Ihre Rolle im Team!
    Sind Sie mit auf dem Spielfeld und wollen Sie selbst die Tore schießen? Oder beobachten und steuern Sie das Spiel von der Trainerbank? Vorweggenommen: Yogi Löw konkurriert mit seinem Team nicht um die Bälle – und auch Sie gehören als Leader NICHT aufs Spielfeld. Überlassen Sie das Vorbereiten, Abwehren und Toreschießen Ihren Fachkräften, denn dafür sind sie ausgebildet. Ihre Aufgabe ist es, den Weitblick zu haben, Blickkontakt aufzubauen, Kompetenzen zu verbessern, Selbstbewusstsein zu stärken, Orientierung zu geben und strategisch zu lenken. Bewahren Sie professionelle Distanz und überlassen Sie Ihrem Team das Punkten, statt sich selbst ins Rennen zu bringen. Auch wenn dies durch den Personalmangel schwer fällt, möchten wir Ihnen Mut machen, Ihre Führungsrolle klar zu definieren und zu leben.
  4. Ermöglichen Sie emotionale Hygiene im Team!
    Ihre MitarbeiterInnen sind keine Maschinen, sondern Menschen die auch mal Wut, Aggression, Angst, Enttäuschung und Ohnmacht fühlen. Unterdrückte Emotionen stauen sich auf, beeinträchtigen die Leistung und führen früher oder später zu Depression, Krankheit oder zu unkontrollierbaren Ausbrüchen. Als guter Leader kämpfen sie nicht gegen diese Emotionen an, lassen sich jedoch auch nicht von ihnen vereinnahmen. Halten Sie Ihren MitarbeiterInnen stattdessen hin und wieder gelassen die „virtuelle Kotztüte“ hin, ohne ihnen die Selbstverantwortung abzunehmen. Auch das darf mal sein. Häufig kehrt Entspannung ein, wenn Emotionen nicht mehr unterdrückt werden müssen. 
  5. Verstehen Sie die Motivation der Gen Y und der Gen Z!
    Viele Führungskräfte verzweifeln, weil es scheint, dass die jungen Generationen keine Verbindlichkeit kennen und mit klassischen Mitteln (wie z.B. Karrierechancen und Gehaltsverbesserungen) nicht zu motivieren sind. Doch jeder Mensch hat seine Antriebsfaktoren:

    Anschlussmotiv (Teamplayer): „Es ist nicht so wichtig was wir tun. Hauptsache wir tun es gemeinsam.“
    Leistungsmotiv (Leistungsträger): „Ich will etwas besonders Gutes schaffen, bauen, oder gestalten.“
    Machtmotiv (Alphatier): „Es ist nicht so wichtig was wir tun. Hauptsache, ich habe wesentlichen Einfluss auf die Regeln.“
    Sicherheitsmotiv (Risikominimierer): „Es ist nicht so wichtig was wir tun. Hauptsache, ich kenne mich aus und weiß, auf was ich mich einstellen kann.“
    Veränderungsmotiv (Routineflüchter): „Es ist nicht so wichtig was wir tun. Hauptsache, es ist keine Routine und wir probieren neue Dinge aus“


    Schnell erkennen Sie: Während ein Alphatier durch einen neuen Titel und mehr Einfluss zu motivieren ist, lässt dies den Routineflüchter kalt. Ihn motivieren Sie stattdessen mit der Möglichkeit, ein Sabbatical zu planen oder in neuen Bereichen Pionierarbeit zu leisten. Während der Leistungsträger auch allein in Sonderaufgaben aufgeht, so lange er gestalten und erschaffen kann, läuft der Teamplayer erst dann zur Bestleistung auf, wenn er zusammen mit anderen co-kreieren kann. Der Köder muss dem Fisch schmecken – und nicht dem Angler. Dies gilt insbesondere beim Führen der jungen Generation, die von anderen Motiven angetrieben wird als ihre Elterngeneration.

 

Fazit: Trauen Sie sich, den Funktionsmodus auch einmal zu verlassen und wichtige Phasen der Entschleunigung einzuplanen, in denen neue Erkenntnisse reifen können. Tauschen Sie sich mit Gleichgesinnten aus. Die Probleme sind überall ähnlich und man muss das Rad nicht immer neu erfinden, sondern darf voneinander profitieren.

Interessieren Sie diese Themen?

Wollen Sie mehr darüber erfahren, wie man in stürmischen Zeiten führt? Geben Sie uns Bescheid und schreiben Sie mir an: j.ruppert@jr-optimiert.de 

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