Der OP als Motor des Krankenhauses

Im Interview:

Carmen Fromme
Der Werdegang von der Krankenschwester zur Geschäftsführerin, die Pflegeberufen eine Stimme gibt
Frau Fromme, was motiviert Sie, sich über die Berufstätigkeit hinaus so stark für Ihren Berufsstand einzusetzen?

Für mich ist es ein persönliches Anliegen, dass die Pflege und die Anästhesie eine Stimme bekommen. Der OP ist der Motor des Krankenhauses. Doch viele Krankenschwestern lernen den OP in ihrer Ausbildung gar nicht mehr kennen, da die ambulante Pflege im Vordergrund steht. Ein Mangel an gut ausgebildeten OP-Fachkräften ist die Folge. Wie soll sich eine Krankenschwester für einen Bereich entscheiden, den sie niemals erleben durfte? Daher kämpfe ich dafür, dass Schüler den OP wieder kennen lernen dürfen.

Was müsste sich aus Ihrer Sicht ändern?

Die Ausbildungsverordnungen müssten kritisch durchdacht werden. In Tübingen haben wir trotz des straffen Ausbildungsprogramms 14 OP-Tage integriert, damit junge Menschen den OP kennen lernen können. Unsere Schüler sind eine Woche in der Anästhesie und eine Woche in der OP-Pflege. So haben junge Menschen die Möglichkeit zu erleben, ob dieser Bereich sie interessieren könnte und ob die zweijährige Fachweiterbildung für den OP in Frage kommt.

Inwieweit können OTAs den Bedarf an OP-Pflegekräften decken?

Viele Krankenhäuser stellen nur noch OTAs ein, um Kosten zu sparen. Operationstechnische Assistenten lernen drei Jahre lang direkt im OP und sind kostengünstiger als OP-Schwestern und -Pfleger, die insgesamt fünf Jahre Ausbildung durchlaufen. Allerdings sollte die Fachweiterbildung der Krankenschwestern nicht vernachlässigt werden, die einen guten Gesamtüberblick haben und zur langfristigen Qualität im OP beitragen. Hinzu kommt, das OTAs nur in einigen Bundesländern anerkannt werden und die staatliche Anerkennung des Ausbildungsberufs teilweise noch fehlt. Generell ist die Politik gefragt, damit Aus- und Fachweiterbildungen finanziert und auf unterschiedlichen Schultern verteilt werden können. Selbstverständlich sind auch die Krankenhausträger gefragt.

Wie sieht es mit der Mitarbeiterbindung im OP aus?

Die OTAs sind häufig sehr jung und bleiben nicht lange dabei. Einige gehen studieren, andere nehmen eine Familienauszeit und kommen nicht mehr zurück. Langfristig geht es darum, die Arbeitsbedingungen im OP zu verbessern. Der bestehende Personalmangel führt dazu, dass viele Schwestern im OP sehr eingespannt sind, Pausen durcharbeiten, Überstunden machen und kaum zu Fortbildungen fahren können. Die hohe Arbeitsbelastung führt dazu, dass Krankheitsraten steigen und Mitarbeiter innerlich kündigen. Die Fluktuation steigt. Wertschätzung ist ein großes Manko.

Wie lässt sich diese Abwärtsspirale stoppen?

Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass Geben und Nehmen ausgewogen sind. Hier geht es um Sozialkompetenz, Zuhören und Wertschätzung. Jeder Mensch will mit seinen Problemen und Sorgen ernst genommen werden und für sich selbst eine Perspektive sehen. In den letzten 2 Jahren meiner Tätigkeit hatten wir eine sehr geringe Fluktuation. Wir haben Arbeitszeitgesetze umgesetzt, Nachtdienste verkürzt, Mitarbeitergespräche geführt und sinnvolle Vorschläge der Mitarbeiter umgesetzt. Ehrliches Lob ist genauso wichtig wie aufrichtige Kritik.

Welche Tipps geben Sie Krankenhausträgern und OP-Entscheidern mit auf den Weg?

Arbeitgeber kommen nicht umhin, die Wünsche und Bedürfnisse der Generation Y ernst zu nehmen. Jungen Ärzten und OP-Fachkräften ist es wichtig, dass Beruf und Familie keine Gegensätze mehr sind. Sie wollen nicht die Karriere um jeden Preis. Sie wollen auch noch ihre Kinder aufwachsen sehen und wünschen sich auf der Arbeit ein partnerschaftliches Miteinander. Hier ist ein Umdenken gefragt. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber zukünftig bereit sein, höhere Qualifikationen auch monetär anzuerkennen. Immer mehr ärztliche Leistungen werden an OP-Kräfte delegiert, doch Qualifikation gibt es nicht zum Nulltarif.

Welche Tipps geben Sie OP-Fachkräften mit auf den Weg?

Ich möchte OP-Fachkräfte ermuntern aktiv für ihre Rechte einzustehen. Wer zum Beispiel eine Weiterbildung machen möchte, sollte dies rechtzeitig mit seiner Pflegedienstleitung besprechen und Argumente und Wege aufzeigen. Er sollte lösungsorientiert denken und auch bereit sein, Freizeit für die eigene Weiterbildung zu investieren. Auch hier müssen Geben und Nehmen stimmen. Häufig erlebe ich bei OP-Schwestern, dass die Bereitschaft fehlt, in sich selbst zu investieren. Doch genau dazu sollte man bereit sein, schließlich kann man die Kosten absetzen und langfristig davon profitieren. Wer den Wert von Weiterbildungen erkennt, kann die Weichen für die eigene Zukunft stellen.

Wir danken Frau Fromme für dieses Interview sowie für ihr Engagement und ihr Ehrenamt im Dienste aller OP-Kräfte.

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